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Valence, unsere dritte Heimat

Endlich wird es Süden! Auch wenn ich eigentlich gar nicht für die große Hitze gemacht bin – ursprünglich komme ich aus den Tiefen Neufundlands – liebe ich persönlich die vom Himmel lachende Sonne sehr. In solchen Momenten bin ich zwar nicht hyperaktiv und muss, wenn keine Schwimmmöglichkeiten vorhanden sind, regelmäßig aus der Borddusche refresht werden, aber ich liebe es, an diesen Tagen auf dem Vorschiff zu dösen . Neuerdings hat Frauchen auch noch eine neue Funktion der ohnehin schon ekligen Haarbürste entdeckt. Die ziept mir die Unterwolle aus dem Fell. Sie soll dafür sorgen, dass ich es etwas luftiger habe, ist aber extrem unangenehm für meine zarte Haut. Sie macht das immer, wenn ich nicht großartig flüchten kann. Wir haben ein nicht ausgesprochenes Agreement: Ich lasse ihr ein paar Züge, ziehe mich vornehm auf die andere Seite des Vorschiffes zurück und sie akzeptiert das.

Ich liebe den Geruch vom großen weiten Meer, den ich persönlich jetzt schon in der Nase habe, das Zirpen der Zikaden und das üppige Leben im Draußen und seinen Plätzen. Deshalb schlug mein Herzchen vor Freude immer höher, als wir uns dann endlich aus der Großstadt verzogen und weiter gen Süden schiffwanderten. 

Valence und endlich gibt es ein Wiedersehen mit Anne und Wolfgang

Nach drei Tagen kamen wir dann nach Valence, was meine beiden Menschen direkt in wahre Entzückung versetzte. Sie erkannten Orte in der Landschaft wieder, die mir völlig neu waren und faselten von Namen zu denen ich keinen Geruch in der Nase hatte. Wahrscheinlich war das auf kleine Trips zurückzuführen, die sie unverschämterweise ohne mich unternommen hatten. Ihr Verhalten machte mich immer neugieriger, weil jetzt auch ich wissen wollte, wer sich denn hinter den Namen Anne und Wolfgang verbirgt.

Am Freitag gegen halb elf tauchten die beiden dann endlich auf und, das machte sie mir direkt äußerst sympathisch, sie brachten gleich etwas zu essen mit. Leider war es überwiegend Gemüse, was mich als Labbi enttäuschte, aber meine Lieben hochgradig erfreute, denn es handelt sich um Erzeugnisse aus Wolfgangs Garten. Ich erspähte aber noch zwei Gläser, in denen ich Wurst vermutete. Das würde eher was für mich sein. Leider durfte ich nur den Duft kosten. Bei so guten Sachen wird leider nicht immer gerecht gedrittelt. Und Pommes hatten Anne und Wolfgang nicht dabei.  

Bei einem etwas verfrühten, aber durchaus erquicklichen Apero kamen die Vier ins Plaudern und erzählten viel aus den alten Zeiten. Herrchen und Wolfgang waren mal Geschäftspartner, aber daraus ist schnell sehr viel mehr geworden. Und auch Wolfgang und Anne sind echte Schiffsleute, die vor vielen Jahren um die halbe Welt gesegelt sind. Herrchen war von Island bis Grönland mit an Bord. Unser Schiff hat ihnen sehr gut gefallen und wenn es zeitlich klappt, wollen Sie gerne mal mit auf Reisen kommen. Im Moment vermieten sie aber ihre tolle Ferienwohnung und machen für ihre Gäste schon mal einen supertollen Apero aus ihrem Selbstversorgerleben. Bei denen hat man als Labbi bestimmt den Himmel auf Erden. Vielleicht sehen wir sie im Herbst sogar bei uns auf der Insel wieder. Auch darüber haben sie gesprochen. Ich wäre unbedingt dafür, auch wenn sie nichts zu essen mitbringen.

Danach ließen sie mich auf dem Boot alleine und machten ihren obligatorischen Bummel durch Valence, den sie immer unternehmen, wenn sie die beiden besuchen. Das war für mich sehr okay, denn ich kenne so langsam die eng gestellten Tische in Frankreich. Es würde mir nicht sehr gefallen, mich bei den warmen Temperaturen unter einen kleinen Tisch zur verkrümeln und von den umher strömenden Essensdüften wahnsinnig zu werden. Da ging es mir auf dem Schiff schon besser. Leider sah ich die beiden nicht mehr, aber Wolfgang hinterließ mir einen lieben Gruß, indem er mir die Knochen seiner Schweinefüßchen überließ. Bestimmt habe ich einen guten Eindruck bei ihm hinterlassen. 

Und zack sind wir im Mittelmeer

Den Samstag hatten wir eigentlich ein weiteres Mal durch Valence stromern wollen, aber da die hier mit ihren Leihfahrrädern nicht ganz so gut aufgestellt sind wie in Lyon und wir auf dem Markt gar nichts mehr holen mussten, weil wir ja so tolles Gemüse von Wolfgang bekommen hatten, blieben wir im Hafen, was eine kluge Entscheidung war, denn bereits am Vormittag ging ein heftiges Gewitter über die Marina hinweg. So machten wir unsere üblichen Bootsgeschäfte, wie Waschen, Aufräumen, die nächsten Routen ausbaldowern und gingen noch in aller Ruhe tanken. Die nächsten Tage waren größere Routen angedacht. So half uns der Tag, uns dafür zu richten.

Die Überfahrt nach Viviers war eine echte Wurmtour, denn da steckte von Anfang derselbige drin. Schon bei der ersten Schleuse schrubsten wir mit dem Schiff an die Ecke des Anlegestegs für die Schleuse. Alle Schleusenpoller, die wir sonst im Schlaf finden, schienen sich in letzter Sekunde mit einem Satz in die ein oder andere Richtung zu verschwinden und zu guter Letzt donnerten wir direkt vor dem Hafen unter sämtlichen Blicken der dort flanierenden Sonntagsspaziergänger über ein paar Felsbrocken, die ziemlich untief angebracht waren. Zwar waren wir auf der richtigen Seite des Pollers gefahren, das wohl aber ein wenig zu nah. 

Mir ist das zwar stets ein wenig peinlich und ich verziehe ich mich sofort ins Schiffsinnere bis ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist. Aber solche Tage gehören zum Bootsfahrerleben dazu (sagt Herrchen immer) und so lange nichts Übleres passiert, stimme ich dem zu. Das Anlegen gegen die Strömung gelang dem Kapitän wunderprächtig und so konnten wir den Tag entspannt beenden, einen langen Spaziergang durch die entzückenden Gassen des Ortes unternehmen und waren am Montag für neue Abenteuer gerüstet.

Dieser Tag lief auch nicht ganz nach Plan, aber das stellte sich im Nachhinein eher als Gewinn heraus. Wir hatten eigentlich nicht die nahezu 80 km bis nach Avignon fahren wollen. Wir sind ja schließlich nicht auf der Entenjagd. Aber in diesem Abschnitt der Rhône gibt es nicht allzu viele Anlegemöglichkeiten. In freier Wildbahn anzulegen, ist in diesem Fluss keine gute Idee. Den Steg vor St. Etienne gab es nicht mehr, wie im Fahrtenbuch angekündigt. Für die Marina in L’Ardoise hätten wir in einem Parallelarm der Rhone 4 km gegen die Strömung zurück fahren müssen. Das hätten wir zwar gemacht, aber nachdem wir die Fotos der Marina im Internet entdeckt hatten, war das keine Alternative mehr. Also blieb der letzte Steg (9 km vor Avignon) und der sah so wenig einladend und so wenig schattig aus, dass wir das bisschen noch anhängten und schon am frühen Abend an der berühmten Pont Saint-Bénézet vorbei fuhren, die einen wirklich sehr beeindruckt. 

Bei unserer Reiserei finde ich besonders spannend, dass wir häufig eine andere Sicht auf die Dinge bekommen, weil wir sie vom Wasser aus betrachten können. Die Brücke in Avignon sieht man ja von der Stadt aus oder man flaniert darüber. Die Brücke selbst besteht nur noch aus einem Rest, der bis in die Mitte des Flussarms reicht. Wir durften also am Wasser und somit an der Brücke vorbeifahren, was wenige Besucher zu Gesicht bekommen. Durch die Torbögen zu fahren ist aus selbsterklärenden Gründen verboten. Das war ein ganz beeindruckendes Erlebnis.

Überhaupt ist Avignon wirklich eine bezaubernde Stadt, in der man sich Tage lang verlustieren kann. Kaum biegt man um die Ecke tut sich ein neues Viertel auf, alles befindet sich fußläufig und am Palast der Päpste kommt man so oder so vorbei. Am Abend herrscht dort ein fantastisches Flair. Viele sitzen in den Cafés und Restaurants, andere sitzen auf den vielen Stufen und einige flanieren über den Platz. Leider war es sehr heiß, so dass wir über Mittag eine Pause einlegen mussten. Aber wir wandelten in den Markthallen, frühstückten wie immer französisch auf einem kleinen Platz und schickten Frauchen zum Friseur. Die hatte es bitter nötig und obwohl ihre französischen Sprachkenntnisse gerade erst wieder zum Leben erwachen, konnte sie dem Coiffeur gut verständlich und somit erfolgreich klar machen, was ihr Anliegen war. 

Der Termin in der Werft für das Aufstellen der Masten rückt immer näher, so dass wir nur einen ganzen Tag in dieser wundervollen Stadt hatten, aber sie ist jedem zu empfehlen und wir werden hier bestimmt wieder vorbei kommen – um uns die anderen Perspektiven der Brücke zu Gemüte zu führen. 

Nach einem sehr heißen Reisetag und einer nicht eingeplanten Warteschleife in der letzten Schleuse der Rhône, liegen wir nun im Port St. Louis schon im Salzwasser und genießen die Meeresbrise, die uns die Hitze erträglicher macht. Das war gestern noch nicht so. Ich hatte Mühe mein Schattenplätzchen auf dem Schiff zu finden und wurde aber dankenswerterweise in regelmäßigen Abständen abgeduscht. Die letzte Schleuse befindet sich direkt vor dem Hafen, so dass wir eigentlich schon das Gefühl hatten dazu sein. Für das Schleusen gibt es feste Termin, da direkt nach Austritt die Brücke hochgefahren werden muss. Damit nicht jeder Bootsfahrer diese Aktion auslöst und den gesamten Autoverkehr aufhält, wird ein bisschen gesammelt. Spätestens sollten wir da sein, um Viertel vor vier würde geschleust. 

Leider kam ein Feuer irgendwo in der Gegend dazwischen, dass die Feuerwehr dazu bewegte, die Brücke für die Dauer ihres Einsatzes zu sperren und so mussten wir über eine Stunde in der Schleuse und der entsprechenden Hitze, mit Schwimmwesten und ohne Schatten ausharren und kamen dann endlich am Liegeplatz an.

Heute treffen wir sämtliche Vorbereitungen, die für die Maststellung erforderlich sind und genießen ansonsten den Ruhetag in der Marina. 

Bleibt uns gewogen, bis zum nächsten Mal Eure Labbidame Leila

Bequem in Boussenac versus Trubel in Thüringen



Es tut sich wieder was

Die letzten Wochen ist es ziemlich still um mich, den reisenden Labbi geworden. Das hatte seinen Grund: Wir sind ja nicht am Reisen! Kaum Zuhause angekommen ist der Junior ausgezogen. Er ist nun nur am Wochenende da, was ich nicht sehr lustig finde und das lasse ich ihn die ersten zehn Minuten, wenn er kommt auch spüren. Auch Herrchen und Frauchen hatten eine Menge zu tun.

Letzten Sonntag war es aber wieder so weit. Ich habe es daran bemerkt, dass eine große Tasche gepackt wurde. Allerdings nicht für alle. Nur meine Sachen verschwanden darin. Das habe ich nicht verstanden, bis mich Noah zur Tante gebracht hat. Ich durfte also mit der Verwandschaft in die Großstadt nach Erfurt. In diesem Moment war es mir fast egal, was meine Menschen unternehmen würden, denn in Erfurt wartet ein großes Bürorudel auf mich, das mich von morgens bis abends verwöhnt – und das meine ich nicht nur kulinarisch. Wenn es mir in dem einen Zimmer zu langweilig wird, tappe ich eben ins nächste. Ich finde, jedes Büro sollte einen Hund haben. Tut nicht nur dem Vierbeiner gut.

Boussenac an der Ardeche
Was aber trieben meine Menschen? Gut, der Junior geht nun jede Woche seinen Studien nach und lebt sich in Baden-Würtemberg ein. Die anderen zwei haben sich auf den Weg ein Paradies nach Frankreich gemacht. Sie sind zu Anne und Wolfgang an die Ardeche gefahren. Dort waren sie bereits ganz oft, aber es geht ihnen immer wieder das Herz auf. Die Anreise funktioniert ein bisschen schneller als mit dem Schiff. Innerhalb von acht Stunden, größtenteils auf französischen Autobahnen, die sich entspannt fahren lassen, waren sie da. Allerdings einen Tag zu früh!!! Wer aber denkt, das würde die Bewohner von Boussenac aus dem Konzept bringen, der täuscht sich. Nach einem kurzen Moment der Überraschung wurden noch ein paar Zutaten in den Topf geworfen und so reichte das Essen für alle. Die Wiedersehensfreude war so groß, dass gleich in Annes Geburtstag reingefeiert wurde. So waren alle am nächsten Tage ein wenig müde.

Beim Ablaufen des Grundstücks hatte sich wieder einiges verändert: Es gibt ein neues Teichhäuschen, die Tochter Iris hat Bienenhäuschen aufgestellt, fährt erste Erfolge als Imkerin ein und die Scheune ist keine Scheune mehr, sondern ist auf dem Weg ein schönes Apartment zu werden. Das Highlight, aber ist die neue Eselin Diane, ein ausgesprochen sanftes Tier, das zu Pinos großem Vergnügen, die Nachfolge seines Vaters und Kumpels Paco angetreten hat. Im Frühjahr gibt es Nachwuchs. Schon am zweiten Morgen begrüßten sie uns lautstark von ihrem Platz aus.



Die Nachmittage werden dann ganz gemütlich auf dem Berg verbracht. Wäre es noch ein wenig wärmer, könnte man den Schwimmteich nutzen und mit den Fischen um die Wette plantschen. Wären meine Leutchen nicht so faul, könnten Sie hinter dem Haus auch eine Partie Tennis spielen oder eine tolle Wanderung durch die französische Landschaft unternehmen. Dieses Fleckchen Erde zu genießen, füllt jeden Akku wieder auf.



Zwei feste Dates an der Ardeche

Für meine Leute gibt es an der Ardeche meist zwei Unternehmungen. Zuerst bummeln sie durch Valence, überqueren den Markt und nehmen in einer kleinen Brasserie (Le Bistro des Clerks) den Plat du Jour ein. Gestern Mittag sogar draußen im Sonnenschein. Trotzdem bereitete Wolfgang am Abend (als hätten sie nicht schon genug gegessen, aber wir sind ja in Frankreich) eine wunderbare Bouillabaisse für seine Anne als Geburtstagsgeschenk zu.

Den Tag drauf geht es, jedenfalls, wenn es ein Freitag ist, nach La Voulte auf den Markt. Dort werden ein paar wunderbare französische Lebensmittel für alle Daheimgebliebenen eingepackt. Anschließend gehen sie natürlich, wie es sich hier gehört, auf ein Bierchen / Weinchen ins Bistro. Einen Teil der Einkäufe haben sie dort gleich verzehrt und an eine entzückende kleine Kollegin abgetreten. Das wäre eigentlich mein Platz gewesen.



Jetzt schlafen wir hier nicht bei Freunden auf dem Sofa, sondern dürfen die Ferienwohnung nutzen, die angemietet werden kann. Hier trifft man auf keine anderen Gäste, erfährt eine wunderbare Ruhe umgeben von Natur und vielen Tieren (zwei Esel, sechs Schafe, sechs Hühner, unzähligen Koi, herumwühlenden Wildschweinen und ein paar Katzen, die auf der Suche nach Futter vorbeischauen).

Währenddessen habe ich die Großstadt unsicher gemacht. Ich konnte souverän zeigen, wie man sich im Aufzug verhält und auch als Bürohund Laut geben kann. Von den Passanten in der Fußgängerzone wollte ich wissen, ob sie wirklich dasgleiche in der Bäckertüte haben, wie wir in Rheinhessen und fast wäre ich noch mit dem Riesenrad gefahren, das gerade auf dem Domplatz seine Runden dreht. Es ging mir herrlich in diesen Tagen und ich habe meine Leute nicht allzu stark vermisst, obwohl auch ich die neue Eselin gerne mal beschnuppert hätte.

Am Samstag findet dann Zuhause wieder die große Familienzusammenführung statt: Der Junior kommt aus seinem Studienort, wir aus dem Osten und Herrchen und Frauchen direkt vom Paradies. Bis dahin lass ich mich noch ein wenig bespaßen und spiele mit Dolly, dem Schaf.

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