Ich dachte, wir sind nach Epinal umgezogen. Da war ich mir komplett sicher. Wir haben dort für fünf Tage gelegen. So lange waren wir noch nie an einem Ort, aber Feiertag, Sperrung und der Regen machten es nötig. Seitdem hat sich das Schiff keinen Millimeter Richtung Süden bewegt! Wir kauften hier ein wie zu Hause, wir wuschen und putzten wie zu Hause, wir gingen Gassi wie zu Hause und ich war manchmal für ein Stündchen alleine wie zu Hause, wenn meine Leute auf die Jagd gingen. Hier in Epinal wollten sie unbedingt los, um tollen Honig zu kaufen und kamen mit zwei Kisten Rosé wieder. So machen die das. An mich denkt hier keiner!
In diesem entzückenden Städtchen zu verweilen war zunächst recht amüsant. Wir lagen an der Kaimauer. Direkt dahinter erschloss sich ein Park, indem viele verschiedene Menschen auftauchten, auf den Bänken vor sich hin träumten, joggten, Ball spielten oder so Vierbeiner wie mich ausführten. Ich hätte also überhaupt keine Langeweile gehabt, während meine Zweibeiner das Schiff auf Vordermann brachten. Das macht man nämlich so an Liegetagen. Man muss all das wieder richten, was während der Fahrerei liegen geblieben ist oder nicht gemacht werden konnte. Und da kommt ganz schön was zusammen.
Der Influenzer gibt alles Später gab es dann doch noch Honig
Wenn nur dieser Regen nicht gewesen wäre. Bei den Massen, die da runter machten, konnte ich meinen Platz in der ersten Reihe auf dem Vorschiff nicht einnehmen, um mir alles in Ruhe zu betrachten. Kaum waren wir losgelaufen, um meine Runde zu drehen, mussten wir wieder nach Hause hechten, weil es nass von oben wurde. Und die Aussichten wurden immer schlimmer. So richteten wir alles nach dem Wetterbericht aus und genossen ansonsten die Ruhe. Einmal mussten wir sogar die Heizung anmachen – an einem Nachmittag – im Juli! Aber das sind natürlich keine ernsthaften Probleme, bei all dem was plötzlich in der Heimat passierte, mit all den schlimmen Überschwemmungen.
14 Juillet fällt ins Wasser
Unter den Wetterbedingungen wäre auch mit Sicherheit der französische Nationalfeiertag ein wenig öde geworden, da es auch an diesem Tag wie aus Eimern schüttete. Das Feuerwerk, das es wirklich in jeder vernünftigen Stadt an diesem Tag zu bewundern gibt, hätten wir fast verpasst. Es ging nämlich zu nacht schlafender Zeit los, wenn kleine Labbis schon im Körbchen liegen. Am 13.07. abends um 23 Uhr. Aber wir hatten auf unserer Terrasse einen tollen Platz und bekamen den zweiten Teil gebührend mit. So eine unmotivierte Knallerei nehme ich übrigens ganz locker. Das macht mir nichts aus. Ich hatte zwar keinen Schimmer wo der ganze Krach herrührte und fürchtete schon, dass jemand vielleicht auf die Idee gekommen war, erneut auf die Bastille zu stürmen, aber bevor es ernst wurde, war offenbar der Friede wieder eingekehrt.
Am Feiertag selbst war außer einer kleinen Runde nicht viel drin, und so waren wir froh, uns mit unseren netten Nachbarn aus der Schweiz (die übrigens ebenfalls einen so sympathischen Hund wie mich haben) zu einem Aperitif verabredet zu haben und verlebten einen kurzweiligen und schönen Abend. Ich habe zwar nicht so viel von mir zu geben, aber meine Ohren sind stets auf Empfang und so bekam ich eine Menge mit von den beiden, die auf einer wahnsinnig attraktiven, blauen und 20 m langen Péniche wohnen. Natürlich muss ich unumwunden zugeben, dass mich auch die kleinen Leckereien auf dem Tisch ein wenig abgelenkt haben und ich hier nicht mehr alles wortgetreu wiedergeben kann. Aber die Zwei machen auch mehr als Urlaub auf dem Schiff und sind im Moment in die entgegengesetzte Richtung bis nach Toul unterwegs. Natürlich haben wir sie vor dem Kraut gewarnt. Das macht man unter Bootsleuten so.
Und auch sie wollen einen Blog schreiben. Ob bei denen wohl auch der Hund schreibt? Also wenn ihr mal eine schöne hellblaue Péniche seht, dann grüßt die Drei ganz lieb von uns.
Schleusentreppe und die letzten 14 Male nach oben
Auch wenn am folgenden Abend der Gegenbesuch angestanden hätte, haben wir uns doch entschlossen, weiter auf Wanderschaft zu gehen. Wenn man sich das so angewöhnt hat, wird man ein wenig ungeduldig, wenn man sich so gar nicht vom Fleck weg bewegt.
Trotz der nassen Aussichten wollten wir wenigstens die Schleusentreppe schaffen. Gerne wollten wir die alleine fahren. Das ist in den kleinen Dingern wirklich entspannender. Deswegen starteten wir schon vor 9, um pünktlich einzufahren. Den gleichen Gedanken hatten wohl noch zwei andere Schiffe und so teilten wir uns in wirklich netter Art und Weise gerecht auf. Wir würden die Schleusentreppe, das sind wirklich 14 Schleusen direkt hintereinander und ohne Pause, mit einem kleinen Segler schleusen. D. h. Wir würden wieder weiter nach vorne in die Schleuse müssen und die Leinen richtig gut in den Griff nehmen, damit wir weder vorne gegen das Schleusentor knallen, aber auch nicht gegen unseren Hintermann donnern.
Alles in allem funktionierte das auch ganz gut und ich konnte mich mal wieder über die Entwicklung meiner beiden Mitfahrer freuen. Sie brauchten genau zwei Schleusen, um ihr System auszubaldowern. Nur ich stand kurzfristig unter Schock, weil Frauchen nicht aufs Boot zurückkam. Sie fuhr einfach mit dem E-Roller weg. Ich überlegte fieberhaft, ob es vielleicht in der Nähe eine Bäckerei gäbe, die sie sucht oder ob es dort oben trockener wäre. Aber Gott sei Dank wartete sie zuverlässig an der nächsten Schleuse und als ich das verstanden hatte, konnte ich mich wieder der schönen Natur widmen. Nur an einer Bäckerei kam sie offenbar nicht vorbei.
Nach der Schleusentreppe war der nächste Liegeplatz der unsere. Den Nachmittag regnete es durch und ab dem Abend sahen wir nur noch geschockt im TV, was da in Deutschland passiert ist. Sehr schlimm.
Jetzt geht es bergab
Nun war der Tag gekommen, an dem wir den Berg erklommen hatten. Nach einer kurzen Passage durch die Scheitelsohle kam die erste Schleuse, die nach unten führte und da denke ich jetzt immer noch drüber nach, wie diese Zauberei möglich ist. Zu Beginn der Reise sind wir immer in den Keller des Wassers gefahren und die Wand fuhr von oben nach unten, so dass wir irgendwann einen tollen Blick zurück in die Welt bekamen. Jetzt passiert das plötzlich umgekehrt. Ich sehe nette Häuschen, treffe manchmal lustige oder freche Schleusenhunde und wenn sich die Maschinerie in Gang setzt, kommt die Glibberwand von unten nach oben und wir verschwinden im Keller? Ich würde es ernsthaft mit der Angst zu tun bekommen, wenn nicht die Welt wieder käme, meist schöner als zuvor, sobald die Tore wieder aufgehen.
Und meinen Zweibeinern tut das Runterschleusen gut, jedenfalls gehen sie das ganz locker an. Nur liegen neuerdings eine Axt und ein scharfes Messer auf dem Vorschiff. Das hat mich schwer beeindruckt, vor allem weil ich da natürlich nicht reintreten darf. Dabei handelt es sich um eine reine Sicherheitsmaßnahme, sagt der Kapitän. Es gibt beim Runterschleusen nämlich nur einen dummen Punkt und das ist der, wenn sich die Leine aus irgendwelchen Gründen verhaken oder verkanten würde. Dann senkt sich das Wasser weiter ab und das Boot hängt plötzlich an den Leinen in der Luft. In so einem Fall muss man ganz schnell die betroffene Leine durchschneiden. Und da ich nicht mal schnell in die Küche laufen kann, um ein Messer zu holen, hat Herrchen alles gleich mal bereit gelegt.
Sperrung, die Zweite
Wir könnten jetzt ganz genüsslich weiter verfahren und bald in die Saône eintreten. Aber wir haben in der Zwischenzeit erfahren, dass dieser Fluss, ebenfalls aus Hochwassergründen, gesperrt werden musste. Also sind wir jetzt nur bis Fontenoy-le-Chateau gefahren und bleiben mal wieder liegen, aber ganz gewiss werden es keine fünf Tage, denn die Durchfahrt soll schnell wieder aufgemacht werden. Und gerade kommt auch hier der Sommer an. Wir können ja bis dahin ein bisschen putzen und waschen und in diesem entzückenden kleinen Ort wohnen bleiben.
Also haltet uns weiter die Daumen.